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TECHTALK// Fahren bei nassen Verhältnissen

TECHTALK// Fahren bei nassen Verhältnissen
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Der Tech-Talk ist unsere Serie zum Thema MTB-Fahrtechnik. Hier wollen wir nicht nur verschiedenste Techniken unter die Lupe nehmen, sondern alles miteinbeziehen, was uns und unsere Fahrweise beeinflusst. Dazu gehören nicht nur verschiedenste Gadgets an unseren Bikes, oder besondere Verhältnisse, an die wir uns anpassen müssen, sondern auch individuelle Ausprägungen und Eigenheiten. Wie diese aussehen können, schauen wir uns an den Pros persönlich ab. Rein also in den Rennsport und von den Besten hilfreiche Tipps für den eigenen Trainings- und Bike-Alltag holen, um am Ende schneller, sicherer und mit mehr Spaß über die Trails zu fetzen. Viel Spaß beim Lesen!

Fahren bei nassen Verhältnissen:

Für manche bedeuteten sie das Ende des Vergnügens, andere können gar nicht genug davon kriegen. Schlammige Verhältnisse rufen nicht in jedem die selben Gefühle hervor. Warum eigentlich? Fängt Mountainbiken nicht erst so richtig an, wenn es ein bisschen dreckig wird? Jene die auch bei Schlamm und Matsch noch gut mit ihrem Bike zurechtkommen, werden diese Frage sicher mit ja beantworten. Doch auch bei von Regen aufgeweichtem Boden noch souverän unterwegs zu sein, ist gar nicht so einfach, scheint sich unser Rad doch nicht mehr wie dasselbe anzufühlen. Einbildung oder Tatsache? Da steckt wohl beides dahinter. Bei vielen wird das verminderte Fahrgefühl durch Verunsicherung und eine dadurch eingenommene Angsthaltung ausgelöst. Natürlich ist es bei nassen Verhältnissen aber auch um einiges schwerer zu fahren als mit griffigem Waldboden unter den Stollen. Gatsch ist also speziell und spezielle Bedingungen verlangen auch eine angepasste Technik. Nicht nur was das Material betrifft, können wir dem Schlamm ein Schnippchen schlagen, wir müssen unser ganzes System auf einen rutschigeren Untergrund umstellen. Höchste Zeit sich anzusehen, wie dies aussehen könnte.

Änderungen an unserem Setup:

Wer kennt es nicht? Der böse lehmige Waldboden klammert sich an den Reifen fest und will diese nicht mehr loslassen. Doch zu unserem Glück sucht sich der Schlamm seine Opfer nicht wahllos aus, sondern hat bestimmte Vorlieben was Profile betrifft. Diese passen leider meistens ziemlich gut zu unseren Rennreifen. Ist es einmal schlammig, brauchen wir auch Reifenprofile, die damit umgehen können. Gefragt ist eine weiträumige Anordnung der Stollen, was es dem Matsch schwerer macht hängen zu bleiben und dem Reifen leichter, sich selber zu reinigen. Wenn wir schon bei Stollen sind, sollten wir auch einen genaueren Blick auf unsere Seitenstollen werfen. Diese sind es, die uns in schmierigen Kurven doch noch etwas Gripp bescheren. Gewünscht sind kräftige Stollen, die durch den Matsch hindurch bis auf harten Boden durchdringen. Selbiges gilt für die Ausprägung der Lauffläche, vor allem am Hinterrad, um bergauf nicht durchzurutschen. Was den Luftdruck betrifft, erlauben uns geringere Geschwindigkeiten und dadurch wirkende Kräfte, diesen etwas herunter zu justieren. Vorsicht aber bei reinen Gatschreifen, die weniger voluminös ausfallen als normale Ausführungen.

Wie ändern wir unser Fahrverhalten und müssen wir das überhaupt?

Kommen wir zu dem was wir selber unternehmen können, um einen unkontrollierten Rodeoritt in eine selbstbestimmte Schlammabfahrt zu verwandeln. Doch müssen wir eigentlich viel ändern, nachdem sich ein feucht fröhlicher Weltuntergang auf der Rennstrecke breit gemacht hat? Die Antwort ist ja, aber nur bedingt. Unsere gut erprobte Standardtechnik ist auch im Nassen noch das A und O und benötigt nur kleine Änderungen unsererseits. Oftmals werden, sobald der Himmel seine Pforten öffnet, jegliche Grundsätze über Bord geworfen und unser Shredding-Schicksal sich selbst überlassen. Der Grund dafür ist meist eine aus Unsicherheit eingenommene Angsthaltung, die unseren Körperschwerpunkt nach hinten wandern lässt, den Winkel aus unseren Ellenbogen verjagt und uns damit jegliche Kontrolle über unser Vorderrad nimmt. Erinnere dich also zurück an die wichtigsten Merkmale deiner Abfahrtsposition und ermahne dich selbst, diese bei Regen nicht fallen zu lassen.

Unsere gut erprobte Standardtechnik ist auch im Nassen noch das A und O und benötigt nur kleine Änderungen unsererseits.

Jolanda Neff zeigt wie es geht und bleibt auch bei Schlamm in ihrer gewohnt aggressiven Abfahrtsposition. ((c) Bartek Wolinski / Red Bull Content Pool)

Linienwahl:

Den bösen Schrecken bei gleicher Fahrweise könnten wir eher bei verschiedenen Linienwahlen erfahren. Regen verwandelt viele, als so einfach angesehene, Ideallinien in rutschige Hindernisparcours. Meist gibt es aber eine um einiges leichtere und oft nicht viel langsamere Alternative, die auch bei Gatsch noch gut zu bewältigen ist. Doch wie wählen wir diese aus? Hierbei gibt es ein paar Regeln, die wir im Hinterkopf behalten können. Wurzeln wollen wir nur im 90° Winkel überfahren und auf Steinen und richtig rutschigen Passagen wollen wir keine Kurve machen. Schaue, wenn es nass ist also besonders weit voraus und suche dir Punkte an denen du deine Fahrtrichtung ändern oder bremsen kannst. Ist die Geschwindigkeit justiert und die Richtung vorgegeben, erscheint der gerade Weg über Wurzeln oder Schlamm meist gar nicht mehr so schwierig.

Bremsen:

Der vorausschauende Blick gilt auch und vor allem für deine Bremsmanöver. Bremst du gleich und an den selben Stellen wie bei trockenen Verhältnissen, wirst du dich schnell einmal auf deinem Hosenboden wiederfinden. Dabei ist es gar nicht so kompliziert. Bremse dort wo es geht und da aber richtig. Die restliche Zeit lasse die Finger von den Hebeln. Oft hilft dir ein Anlieger, eine Rinne oder eine griffige Passage, um deine Phase des ungebremsten Spaßes zu beenden und du hast im Nu wieder die Kontrolle über dich und dein Bike zurück.

Bremse dort wo es geht und da aber richtig. Die restliche Zeit lasse die Finger von den Hebeln.

Emily Batty in der berühmt, berüchtigten La Beatrice, einer Downhillpassage des Weltcups in Mont Sainte Anne. Über diese Steinplatten sollte man wenn es regnet nicht mehr die Bremse ziehen. Hier heißt es Geschwindigkeit und Richtung justieren und gerade drüber bolzen. ((c) Bartek Wolinski Red Bull Content Pool)

Position:

Die Position auf unserem Rad ähnelt unserer normalen Grundposition in ihrer agileren Ausführung. Ellenbogen abgewinkelt und nach außen, Schwerpunkt über dem Sattel, Beine nur leicht abgewinkelt. Besondere Bedeutung kommt unseren Armen zu. Da wir unseren Gripp im Gatsch fast zur Gänze über unser Vorderrad bekommen, müssen wir dieses auch unter Kontrolle haben. Darum sollten wir unsere Arme in einer für jegliche Veränderung des Untergrunds empfänglichen, abgewinkelten Position halten. Unser Schwerpunkt ist auch eher nach vorne ausgerichtet, sollte aber auf keinen Fall weiter als normal nach hinten wandern.

Die Grundposition bleibt auch wenn es rutschig wird noch unsere erste Wahl. ((c) Bartek Wolinski Red Bull Content Pool)

Kurven:

Kommen wir zu einem im Schlamm etwas heiklerem Fahrmanöver als wir es von normalen Verhältnissen gewohnt sind. Kurven bedeuten bei Regen oft das Ende des Halts und den Anfang unserer Rutschpartie. Die beste Taktik ist immer noch, sie an durchführbaren Passagen zu kratzen, um dann wieder geradeaus shredden zu können. Ist uns dieses Ausweichmanöver nicht möglich, gibt es einen Joker, den wir ausspielen können – unsere Seitenstollen. Diese heißt es möglichst tief in den Untergrund zu versenken, um bestmöglichen Halt zu erzielen. Was heißt das für uns? Wir bleiben bei der normalen Kurventechnik, legen das Bike schräg, schauen in die Kurve, strecken den inneren Arm und das äußere Bein und zeigen mit einer gedachten Verlängerung unserer Wirbelsäule in die Richtung, die wir ansteuern wollen. Auf was wir uns nun aber im Speziellen konzentrieren, ist mit unserem äußeren Knie Druck nach innen auszuüben, was das Rad noch etwas mehr in die Schräglage führt. Auch können wir die wirkenden Kräfte auf den Untergrund abstimmen und sie an griffigere Stellen verlegen. Gib also, wenn du Halt verspürst besonders Druck, damit du diese Momente ausnützen und schon einen Großteil deiner Richtungsänderung erledigen kannst.

Die Kanadierin bewältigt erst die Schrägfahrt über schlammige Felsen und macht die Kurve danach an einer günstigeren Stelle. ((c)Bartek Wolinski Red Bull Content Pool)

Gewichtstuning:

Haben wir es durch unsere angepasste Linienwahl nich geschafft vereinzelten Schrägwurzeln auszuweichen, können wir noch mit unserem Gewicht spielen, um den seitlichen Abgang zu vermeiden. Machen wir uns auf unserem Bike nämlich leicht, ist auch der Druck auf den Untergrund minimiert. Dadurch könnte es uns gelingen nach der vermeintlichen Gefahrenstelle unbeschadet weiter zu cruisen. Was heißt das jetzt genau? Wir führen einen kleinen Sprung aus, versuchen dabei aber nicht abzuheben. Das Ziel wäre es, unsere auf den Boden wirkenden Kräfte gleich null zu stellen, ohne den Bodenkontakt zu verlieren. Heben wir ab, überschreiten die wirkenden Kräfte bei unserer Landung wohl den zur Verfügung stehenden Gripp. Vor der Wurzel also leicht machen, darüber hinweg „schweben“ und auf griffigerem Boden danach unsere Fahrt fortsetzen. Dies erfordert eine gewisse Mindestgeschwindigkeit und auch etwas Übung. Am besten auf Asphalt ausprobieren und gegenseitig überprüfen, ob die Reifen noch am Boden bleiben.

Du hast dein Bike bei matschigen Verhältnissen bis jetzt eher im Trockenen gelassen, oder an verregneten Rennwochenenden oftmals deine gute Laune schwinden sehen? Vielleicht helfen dir ja diese paar Tipps deine Einstellung zu tiefem Boden zu ändern und „Slip & Slide“ gehört schon bald zu deinen Lieblingsbeschäftigungen. Viel Spaß beim Ausprobieren!

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