“Wir wollen definitiv den Weltcup nach Obetraun holen”
Die Bikearena in Obertraun, mit einer der modernsten permanent befahrbaren Cross Country Strecken überhaupt, ist nach den ersten zwei erfolgreich durchgeführten Rennen in aller Munde. Beim Autumn-Ride im September fand man neben der Elite aus Österreich, auch erstmals ganz große Namen des Mountainbikesports auf dem angelegten Waldkurs. Sowohl Gunn-Rita Dahle Flesja aus Norwegen, als auch der schweizer Sieger im Elite Rennen, Nicola Rohrbach, sprachen den Verantwortlichen großes Lob aus. Hinter dem Bau und der Instandhaltung der Strecke steckt Sportmanager Mario Billich. Billich, der in den letzten Jahren in der heimischen Mountainbikeszene vor allem als Teamchef und Rennnleiter agierte, steckt aktuell all seine Zeit in das Großprojekt Bikearena. Sein ehrgeiziges Ziel: Der Mountainbikeweltcup soll in naher Zukunft in Obertraun gastieren. Nach 30 Jahren Engagement für den Radsport, wohl die größte berufliche Herausforderung für den Oberösterreicher. Im Interview bedauert Billich, dass die Fernsehanstalten den MTB-Sport vernachlässigen und dass ein Tag nur 24 Stunden hat. Allerdings will er Ersterem, neben vielen anderen Ideen, entgegenwirken.
Billich mit der Siegerin des Autumn-Ride Damenrennens, der Ukrainerin Yana Belomoina
RAD.SPORT.SZENE: „Mario, man findet dich fast täglich hier in Obertraun auf der Strecke. Nachdem du anfangs lediglich die Strecke bauen solltest, hat sich nun ein Vollzeitjob daraus entwickelt. Wie kam es dazu?“
Mario Billich: „Ja, seit zwei Jahren bin ich fast jeden Tag auf der Strecke. Anfangs war wirklich nur der Streckenbau der Plan, doch das ganze erreichte riesige Dimensionen und der Kurs gehört das Jahr über erhalten. Es freut mich, dass der Direktor des Bundessport und Freizeit Zentrums Andreas Holzinger, mich mit meiner Zwei-Mann-Firma Go Sportconsulting beauftragt hat, das Marketing und die Betreuung der Bikearena zu übernehmen.“
„Weltweit werden die Rennen in Österreich sehr hoch gelobt“
RSS: „Du bist in sehr verschiedenen Bereichen im Radsport tätig. Was hat dich zum Beispiel dazu bewogen, neben der Rolle des Veranstalters auch die des Rennleiters zu übernehmen?“
MB: „ Diese Frage kann ich ganz einfach beantworten. Es ist ein immenser Vorteil, wenn man als Veranstalter auch die Regularien gut kennt.“
Der RAD.SPORT.SZENE Rockgarden
RSS: „Als Rennleiter ist man doch immer der Sündenbock. Was ist an dieser Aufgabe, außer der Regelkenntnis, für dich so reizvoll?“
MB: „ Natürlich ist man, ähnlich wie der Schiedsrichter im Fußball immer, der Buhmann und wenn in einem Athleten die Emotionen hochkommen führt der erste Weg zum Rennleiter. Über die Jahre habe ich gelernt, nicht alles persönlich zu nehmen. Die Erfahrung, die man bei dieser Aufgabe sammelt, ist sehr wertvoll. Man lernt in brenzligen Situationen Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen.“
RSS: „Welche prägenden Momente als Rennleiter fallen dir spontan ein?“
MB: „Einer, der aus negativer Sicht prägendsten Momente, war mit Sicherheit der Todesfall eines Fahrers bei der Salzkammergut Trophy. Als mich diese Nachricht erreichte, stand ich plötzlich vor vielen schwierigen Aufgaben. Sollen wir die Veranstaltung abbrechen oder nicht? Alleine anderen diese Schreckensnachricht mitzuteilen, war alles andere als einfach. Seitdem setze ich als Rennleiter mein Hauptaugenmerk auf die Sicherheit.“
RSS: „Du bist bei vielen Veranstaltungen im Einsatz. Wie würdest du die Rennen in Österreich generell beurteilen?“
MB: „ Weltweit werden die Rennen in Österreich sehr hoch gelobt. Wir sind überall als sehr gute Veranstalter bekannt und brauchen uns mit den vielen Radsportevents, die es gibt, nicht verstecken. Die Leute schimpfen einfach immer viel zu viel. Fakt ist, dass jeder gerne zu einem Rennen nach Österreich kommt. Ich glaube auch, dass die Chancen für eine erneute Weltmeisterschaft in Saalfelden sehr gut stehen. Lediglich die Vermarktung der MTB-Liga bereitet mir Kopfzerbrechen.“
„Zeitungen und vor allem das Fernsehen müssen in Zukunft über die Rennserie berichten.“
RSS: „Über das Beleben dieser Serie haben wir auch schon mit Jürgen Pail gesprochen. Gibt es von dir einen konkreten Vorschlag?“
MB: „ Die MTB-Liga, zu der auch unser Rennen in Obertraun zählt, ist sehr hochwertig, beinhaltet hochklassige Rennen und ist international top besetzt. Lediglich die Gesamtwertung sollte stärker in den Vordergrund gerückt werden. Bei der Vermarktung sehe ich den einzigen Weg über die Medien. Zeitungen und vor allem das Fernsehen müssen in Zukunft über die Rennserie berichten. Wir haben dafür auch schon ein Konzept ausgearbeitet und ich bin guter Dinge, dass in Zukunft der ORF über die einzelnen Bewerbe berichtet.“
RSS: „Also glaubst du wirklich, dass der österreichische MTB-Sport kurz vor regelmäßigen Fernsehauftritten steht?“
MB: „Ja, wir sind dabei, unter anderem zusammen mit Jürgen Pail, alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit das möglich wird.“
RSS: „In der Vergangenheit warst du auch als Teamchef tätig. Wahrscheinlich kannst du viel Positives, aber auch viel Negatives aus dieser Zeit berichten. Letztendlich hast du dein Team aufgelöst. Wieso kam es zur Auflösung?“
MB: „Zurückblickend waren es lehrreiche Jahre für mich, in denen ich aber auch einige Male enttäuscht wurde. Mit der Firma Intersport und der Marke Genesis hatten wir fünf Jahre lang einen super Partner. Allerdings wurden firmenintern die Möglichkeiten der Vermarktung des Teams nicht sehr gut genutzt. Aus verschiedenen Gründen habe ich auch immer wieder Fahrer verloren und der Ansatz, es gleich mit Topfahrern an der Spitze zu versuchen, hat nicht wirklich funktioniert. Danach habe ich es mit jungen Fahrern probiert. Der letztendliche Grund für die Auflösung war einerseits der Verkauf von Intersport nach Deutschland, einhergehend eine ungewisse Zukunft bezüglich Marketingstrategien und zum anderen die Geburtsstunde des Projekts Bikearena. Mir war klar, dass neben der Bikearena keine Zeit mehr fürs Team bleiben würde.
RSS: „Wobei du Uwe Hochenwarter, der lange Zeit Teil des Muskelkater Teams war, auch heuer unterstützt hast. Er war auch im Jugendteam als einziger Elitefahrer dabei. Was schätzt du an ihm?“
MB: „ Uwe kenne ich schon jahrelang und wir kommen gut miteinander aus. Sein altes Management hat versagt und so haben wir ihn dieses Jahr kurzfristig übernommen. Für die Bikearena ist ein Profi als Aushängeschild und als Marketinginstrument wichtig, davon bin ich überzeugt. Wenn die finanziellen Mittel passen, werde ich mit ihm auch weiterhin gerne zusammenarbeiten.“
RSS: „Ein eigenes mehrköpfiges Team ist aber kein Thema mehr?“
MB: „ Nein, erstens weil die Zeit fehlt und zweitens weil, und das sage ich nur ungern, in den österreichischen Fahrern aktuell zu wenig Potential steckt. Viele hören das nicht gerne, aber das ist meine persönliche Meinung.“
RSS: „Kannst du diese Behauptung konkretisieren?“
„Die Kinder sind auf das beste Material fixiert und vergessen, dass in erster Linie hartes Training ausschlaggebend für Erfolg ist.“
MB: „Ich muss dazu sagen dass ich hier von der Disziplin Cross Country spreche. Zurzeit hat niemand die Klasse um wirklich gut bei der Olympiade aufzeigen zu können. Zudem ist der Nachwuchs viel zu verwöhnt. Schon in jungen Jahren werden Leute hochgelobt nur weil sie zum Beispiel Jugendeuropameister werden. Kurz darauf zerbrechen diese daran, weil sie glauben, die Größten zu sein. U9 und U11 Kinder brauchen kein Hightech-Material. Die Räder, die teilweise in der U11 gefahren werden, kann ein Team gar nicht zur Verfügung stellen. Die Kindern sind danach nur auf das beste Material fixiert und vergessen, dass in erster Linie hartes Training ausschlaggebend für Erfolg ist.“
RSS: „Hast du auch einen Vorschlag um dem entgegenzuwirken?“
MB: „Wie auch viele andere bin ich der Meinung, dass es viel zu wenige Mountainbike-Trainer gibt. Es braucht in jedem Land ordentliche Landes- und Regionaltrainer, die die Kinder behutsam aufbauen. In Obertraun soll ein richtig großes Trainingszentrum für die Jugend entstehen, eventuell auch in Zusammenarbeit mit einer Sportschule. Aber diese Idee steht erst in den Startlöchern.“
„Nach den ersten positiven Rückmeldungen der Weltklasse-Damen war endlich der Moment gekommen, um stolz auf mich zu sein.“
RSS: „Wie fällt dein Resümee nach zwei internationalen Bewerben in der Bikearena aus?“
MB: „Das Mai-Rennen war sehr wichtig für uns und ich wusste schon vorher, dass es sicher einiges an Kritik geben wird. Ich habe mir wirklich Zeit genommen um auf das Feedback und die Anregungen aller Fahrer zu hören, habe alle Punkte notiert und eine Woche nach dem Rennen mit den Streckenumbauten begonnen. Diese dauerten sechs Wochen. Beim Autumn-Ride stand das Ergebnis der Umbauten auf dem Prüfstand. Vor dem Rennwochenende war ich richtig nervös und hatte ein ungutes Gefühl. Gespannt wartete ich auf das Urteil der Profis. Nach den ersten positiven Rückmeldungen der Weltklasse-Damen war endlich der Moment gekommen, um stolz auf mich zu sein.“
RSS: „Die Umbauten sind noch nicht zu Ende. Was wird uns für nächstes Jahr erwarten?“
MB: „Das Start und Zielgelände wird vom Wald, herunter auf den Sportplatz im Bundessportzentrum verlegt. Für die Anbindung bauen wir eine neue Abfahrt, eine viereinhalb Meter breite Brücke über die Grippenstein-Straße, sowie einen komplett neuen Serpentinen-Anstieg. Diese Umbauten sind ganz klar auf unser großes Ziel, das Weltcuprennen, ausgelegt.“
RSS: „Was man so hört sind einige weitere Orte an einer permanenten XCO-Strecke interessiert. Was kostet das Ganze zirka?“
MB: „ Also die Baukosten samt Forstarbeiten und das Errichten eines Start-Ziel-Hauses betrugen 750.000 Euro. Für die Erhaltung muss man fünf bis 10.000 Euro einrechnen. Um ein ordentliches C1 Rennen zu veranstalten, braucht man zwischen 35 und 60.000 Euro.