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Plötzlich Ötzi – Mein Weg zum Ötztaler Radmarathon. #5

Plötzlich Ötzi – Mein Weg zum Ötztaler Radmarathon. #5

Plötzlich Ötzi – Mein Weg zum Ötztaler Radmarathon. #5

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Das Fazit

Ohne es geplant zu haben, startete unser Redakteur Michael heuer beim Ötztaler Radmarathon. Wie es ihm beim König der Alpenmarathons ging – darüber schreibt er hier im fünften Teil.

Es ist geschafft. Vier Tage nach dem Ötztaler Radmarathon schreibe ich diesen Satz mit großer Erleichterung. Und immer noch mit einem leisen Unglauben. Sechs Monate Training, 6.000 Kilometer und 50.000 Höhenmeter – sie haben sich ausgezahlt. Ich habe am 28. August das Ziel in Sölden erreicht, in 12 Stunden und 7 Minuten. Es hat zwar länger gedauert als erhofft, aber ich bin sehr zufrieden. Dennoch will ich das Rennen noch einmal analysieren. Was ist gut gelaufen? Wo habe ich Fehler gemacht? Was lag einfach nicht in meiner Macht?

Erstens: Das Pacing

Auf eines kann und muss sich jeder einstellen, der zum Ötztaler fährt: Auf eine Strecke mit 227 Kilometern und 5.500 Höhenmetern. Viele Trainingsstunden und ebenso viele Trainingsanstiege sind daher Voraussetzung, um durchzustehen. Die hatte ich. Das merkte ich spätestens, als es nach Zwischentiefs – zu deren Gründen ich gleich komme – am Beginn des Timmelsjochs neue Kräfte gewann und ich mein geplantes Pacing von 70 Prozent der FTP wieder aufnehmen konnte. Aus den Ergebnislisten kann ich erkennen, dass ich hier einige hundert Plätze gut gemacht habe. Würde ich noch einmal starten: Am Pacing würde ich festhalten. 

Zweitens: Die Ernährung

Hier ist mir der größte Fehler unterlaufen. Ich hatte zwar meine Strategie, mich ausschließlich flüssig zu ernähren, geübt – aber offenbar nicht konsequent genug. Schon auf der Abfahrt vom Kühtai überkam mich die Übelkeit, und sie hielt bis knapp vor dem höchsten Punkt des Jaufenpasses. Über Brenner und Jaufen blieb ich daher gut zwanzig bis dreißig Watt hinter meiner geplanten Leistung zurück. Das verschlang Zeit, die ich nicht mehr aufholen konnte. Die Situation besserte sich, als ich auf feste und vor allem salzige Ernährung umstellte. Die Käsebrote an den Labestationen waren ein Segen.  

Drittens: Die Labestationen

Gleichzeitig waren es auch die Labestationen, die einer besseren Zeit im Weg standen. Hier herrschte dichtes Gedränge, das Rad musste ich meist weit weg von Wasser, Broten und Riegeln abstellen, um mich dann auf die Suche nach Verpflegung zu begeben. Laut Strava-Auswertung kostete das in Summe knapp eine halbe Stunde. Zeit, für die es viel Training gebraucht hätte, hätte ich sie auf der Strecke zurückgewinnen wollen. Ist also die Zielzeit das, worum es einem bei der Teilnahme geht, sollte man sich dringend persönliche Verpflegungsstationen einrichten, sofern das möglich ist. 

Viertens: Das Wetter

Vor dem Rennen war tatsächlich das Wetter meine größte Sorge. Ein Gewitter in der Abfahrt vom Jaufenpass – wie prognostiziert – wollte ich nicht erleben. Es blieb am Ende auch aus. Kurze Regenphasen erwischten mich nur in den Anstiegen und dienten eher zur Abkühlung denn als Gefahr. Dennoch: Die Nässe und die kalten Temperaturen auf den Gipfeln, gepaart mit der sommerlichen Hitze in St. Leonhard, ließen mich oft zum Umziehen anhalten, wofür ebenfalls Zeit draufging.

Fünftens: Die Umleitungen

Sechs Kilometer und 200 Höhenmeter mehr als sonst standen bei der 41. Austragung des Ötztaler am Programm. Es ist müßig, zu rechnen, um wieviele Minuten ich schneller gewesen wäre, wenn es die Umleitungen nicht gegeben hätte. Relevanter erscheint mir der Sicherheitsaspekt. Die Abzweigungen führten teils über sehr schmale, sehr schlechte Straßen. Bei Sellrain stürzte unmittelbar vor mir ein Fahrer, der das Rennen nicht mehr fortsetzen konnte. Zum Glück für ihn stand die Rettung nur dreißig Meter entfernt. Mich jedenfalls hinterließ der Vorfall mit einem äußerst mulmigen Gefühl.

Sechstens: Das Unberechenbare

Egal was Watt, Herzfrequenz, Kilometer oder Höhenmeter sagen: Die Größe einer Erfahrung bemisst sich nicht an Zahlen, sondern an dem, was passiert, wenn jede Berechnung scheitert. Und das macht diesen Tag beim Ötztaler für mich einmalig. Ich habe zwölf Stunden gelitten, aber bin nicht abgestiegen. Ich sah Menschen weinend am Straßenrand, und wusste, es könnte sofort vorbei sein: Aber ich bin nicht abgestiegen. Ich fuhr mit Schüttelfrost in der Abfahrt vom Timmelsjoch, aber ich bin nicht abgestiegen. Ich bin ins Ziel gekommen. Das ist das, was für mich zählt. Das ist das, was bleibt. 

Zwischen den Zeilen: Garmin Rally RS200
Die Wattpedale von Garmin haben mich mein ganzes Trainingsjahr über treu begleitet – um am Timmelsjoch den Geist aufzugeben: Die Batterie war alle. Zum Glück tat ich es ihnen nicht gleich, und zum Ärgern fehlten mir zu diesem Zeitpunkt schon die Kräfte. Eine Woche vorher hatte mir die Garmin-App gesagt, der Ladezustand sei noch gut, weshalb ich keinen Handlungsbedarf gesehen hatte. Ansonsten aber lässt sich über die Rally RS200 nichts Schlechtes sagen. Kinderkrankheiten bei der Batterieabdeckung, die die Vorläufer (Vector 3) mitgebracht hatten, sind hier überwunden. Sendeausfälle konnte ich in einem halben Jahr keine feststellen. Nur aufs regelmäßige Kalibrieren sollte man nicht vergessen – ansonsten geht einiges an Genauigkeit verloren.    

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