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**Glaubensfrage rasierte Beine

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**Glaubensfrage rasierte Beine

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Welcher Typ bist du?

**PREMIUM CONTENT// Über kaum eine Thema können Radfahrer so leidenschaftlich streiten wie über Nutzen und Nachteil rasierter Beine. Wir haben jahrelange Feldforschung betrieben und eine kleine Typologie der glatten Wade erstellt. Überschneidungen sind dabei genauso wenig ausgeschlossen wie leichte Übertreibungen. Mit welchem der folgenden fünf Typen kannst du dich euch am besten identifizieren?

Der Athlet

Ob er seine Beine rasiert oder nicht ist für den Athleten keine Frage. Seit er auf YouTube gehört hat, dass glatte Haut die Aerodynamik am Rad um zwei Watt (bei 45 km/h) verbessert, stellt er sich dreimal die Woche den Wecker 20 Minuten früher, um sich unnötiger Stoppel zu entledigen. Damit trainiert er auch gleich das frühe Aufstehen vor dem Ironman, bei dem er dann seine glatten Beine in knielange Stutzen steckt, die ihnen eine dezente Wurstoptik verleihen. In einem anderen Video hat er von den Vorteilen der nackten Haut beim Massieren gehört. Das bekräftigt ihn in seiner Position, auch wenn er der Ansicht ist, dass Massagen unnötige Zeitverschwendung sind. Denn Zeit ist das Wichtigste für den Athleten. Der Begriff steckt ja schon in “Zeitfahrrad” – und nur das ist für ihn ein richtiges Rad. Ein Mountainbike besitzt er zwar auch, aber nur, um an vom Trainer verordneten Ruhetagen eine lockere Sechsstunden-Runde am Hausberg zu drehen. Der Athlet hat jedoch noch ein drittes Argument für rasierte Beine: Die Haut soll bei Stürzen einfach besser heilen. Insgeheim ist ihm das aber egal. Denn der Athlet stürzt nicht. Er fährt sowieso nur geradeaus, weil Kurven seinen Schnitt senken.

Der Ästhet

Für Laien ist der Ästhet nicht sofort vom Athleten zu unterscheiden. Beide haben penibel glatte Haut. Auf den Beinen. Der Ästhet sucht dafür aber einmal die Woche das Waxing-Studio seines Vertrauens auf – wofür er gerne eine Trainingseinheit opfert. Markanter Unterschied zwischen den beiden Typen: Während der Athlet am liebsten sogar seine Augenbrauen abrasieren würde, trägt der Ästhet im Gesicht eine wundervolle Haarpracht, die seinen Antagonisten in seelische Verzweiflung stürzen würde (Stichwort Aerodynamik). Für den Ästheten fällt dadurch ein weiterer ein Trainingsnachmittag pro Woche aus, an dem er lieber im Barbershop sitzt und seinen Bart kämmen lässt. Zu Ausfahrten kommt es deshalb selten, auch weil sein Rad meist in seinem Designerbüro steht um Geschäftskunden zu beeindrucken. Oder es regnet. Oder es ist zu heiß. Dann setzt sich der Ästhet lieber gleich ins nächste Café, gönnt sich einen Doppio und streckt die Beine in die Sonne. Die Qualität einer Saison bemisst sich für ihn nämlich nur am Bräunungsgrad, den seine Haut Anfang September erreicht hat. Im Notfall muss er noch mit einem spontanen Trainingslager auf Mallorca nachhelfen.

Der Minimalist

Auch die Spezies des Minimalisten ist nur für geschulte Augen sofort zu erkennen. Nämlich an den kleinen Härchen in der Kniekehle, die er mit seinem Einwegrasierer nicht beim ersten Versuch erwischt hat. Einen zweiten Versuch gibt es nicht – da sitzt der Minimalist lieber schon am Rad. Ob Rennrad, Mountainbike oder Gravelbike ist dabei egal, Hauptsache unterwegs. Um den professionellen Minimalisten zu erkennen muss man ihn allerdings bitten, die Hosen runterzulassen. Er rasiert nämlich nur genau so viel, wie er muss. Direkt über dem Bund seiner Bibshort beginnt daher sofort wieder der Wildwuchs. Das schreckt zwar potenzielle Dates ab, der Minimalist hat dadurch aber wiederum noch mehr Zeit, um Rad zu fahren – und das ist schließlich das Wichtigste. Mit dem Rasieren begonnen hat er überhaupt nur, weil man das eben so tut und ihn seine Freunde (die meisten davon Ästheten und Athleten) sonst nicht auf ihre Trainingsrunden mitnehmen würden.

Der Outlaw

Der am leichtesten zu identifizierende Typ Radfahrer ist der Outlaw. Er trägt auf seinen epischen Wochenendritten Baumwollshirts (Finisher-Andenken von irgendeinem Radmarathon aus den 1980ern), eine Radlerhose mit durchgewetztem Sitzpolster, bei Regen einen Helm – sofern es bergab geht – und die Behaarung seiner Beine erinnert an eine sehr frühe Evolutionsstufe des Menschen. Während der Athlet mit Entsetzen und der Ästhet mit Verachtung auf den Outlaw blicken, empfindet der Minimalist insgeheim Bewunderung für so viel Gleichgültigkeit gegenüber Konventionen. Der Outlaw wiederum hat oft noch gar nicht mitbekommen, dass sich Radfahrer seit geraumer Zeit die Beine rasieren. Klingt harmlos, seine Nonchalance bringt den Outlaw allerdings auch häufig in brenzlige Situationen. Auf seinem Mountainbike hat er nämlich immer noch Cantilever-Bremsen montiert. Besorgte Blicke tut er mit dem Argument ab, dass seine Ganzkörper-Haarpracht Stürze ohnehin gut dämpft. 

Die Bikerin

Der Bikerin sind all diese Fragen egal. Sie rasiert sich die Beine, weil sie sie schon immer rasiert hat. Während Athlet, Ästhet, Minimalist und Outlaw also noch an der Ampel stehen und darüber diskutieren, wer nun recht hat, ist sie schon längst weitergefahren – und hat die Straße ganz für sich allein. 

Text: Michael Windisch; Titelbild: Bartek Wolinski/Red Bull Content Pool

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