Ischgl Ironbike: “Der Name ist Programm!”
Großes Interview mit Tipps & Tricks vom Ischgl Simplon Team
Der Ischgl Ironbike bringt viele MountainbikerInnen Jahr für Jahr an ihre Grenzen. Nicht umsonst gilt der beliebte MTB-Marathon als eine ganz besondere Herausforderung in der Szene und nicht umsonst lautet der neue Slogan, “Wo liegt deine Grenze?” Will man ihn erfolgreich bewältigen, so muss man auf 71 Kilometern 3.200 Höhenmeter absolvieren. Was ihn sonst noch auszeichnet und wie du dich auf die Besonderheiten dieses MTB-Spektakels am besten vorbereiten kannst, erfährst du von den drei Spitzensportlern des Ischgl Simplon Teams – Markus Kaufmann, Hansueli Stauffer (Vorjahressieger des Ischgl Ironbike) und Marlies Feichtenhofer.
Wie oft seid ihr bisher in Ischgl bereits gestartet?
Markus: Ganz genau kann ich es gar nicht mehr sagen. Ich weiß aber, dass ich 2003 zum ersten mal am Start stand und auch die Kurzdistanz gewinnen konnte, worauf ich besonders stolz war. Seither war ich, glaube ich, jedes Jahr ohne Unterbrechung am Start.
Hansueli: Ich bin bisher drei Mal am Ironbike gestartet.
Marlies: Bisher stand ich zweimal beim Ironbike an der Startlinie.
Was war euer bisher bestes Ergebnis beim Ironbike?
Hansueli: Der Sieg im Vorjahr über die Extreme Strecke.
Markus: Ich stand schon mehrmals auf der Extremdistanz auf dem Treppchen. Nur der Sieg fehlt mir noch.
Marlies: Bei der 3-tägigen Austragung (UCI Etappenrennen), die es bis vor zwei Jahren noch gab, konnte ich an den ersten beiden Tagen einen Sieg und einen Podestplatz im Tagesklassment für mich verbuchen. Leider wurde ich am dritten Tag krank und konnte dadurch beim abschließenden Marathon nicht an den Start gehen. Ärgerlich, aber alle guten Dinge sind drei. 🙂
Auf welcher Distanz werdet ihr in diesem Jahr teilnehmen?
Markus: Auf jeden Fall wieder auf der Extreme Strecke, mit ihren 71 Kilometern und 3200 Höhenmetern.
Hansueli: Ich werde auch wieder auf der Extreme Strecke am Start stehen.
Marlies: Aktuell muss ich mich von einer Ellbogen Fraktur erholen, die ich mir bei einem Straßenrennen vor einigen Wochen zugefügt habe. Sollte ein Start möglich sein, werde ich natürlich auch die legendäre Extreme Distanz in Angriff nehmen.
Die Route ist nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch wegen ihrer Härte über die Grenzen hinaus bekannt. Was habt ihr euch bei eurer ersten Teilnahme gedacht, als ihr die berüchtigten steilen Anstiege gefahren seid?
Markus: Ich konnte mir nicht vorstellen wie steil man Straßen bzw. Schotterweg bauen kann, jetzt weiß ich es. 🙂 Aber hier würde ich sagen liegt auch genau meine Stärke. Es kann nicht steil genug sein.
Marlies: Im ersten Moment fühlte ich mich etwas überfordert, da nur wenige Rennen solche Rampen beinhalten. Aber sobald ich meinen Rhythmus gefunden hatte, konnte ich auch diese Anstiege genießen.
Hansueli: Steil, Steiler, Ischgl Ironbike. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass es für mich brutal hart war und ich mit meinen Knieschmerzen an meine Grenzen kam.
Wie würdet ihr jemanden, der noch nie beim Ischgl Ironbike am Start war, die Strecke beschreiben?
Hansueli: Nun, der erste Teil ist mit viel Schotter relativ einfach zu fahren. Dann geht es richtig los, es zieht sich eine gefühlte Ewigkeit auf Schotter und Asphalt hoch. Dafür wird man mit einer grandiosen Aussicht belohnt, sofern man Kraft und Zeit zum Schauen hat. Die rasante, mit coolen Trails gespickte, Abfahrt nach Samnaun vergeht wie im Flug. Danach geht es nochmals so richtig bergauf und die Luft wird immer dünner. Oben angekommen gibt es ein super Panorama und es wartet ein schöner Trail mit einem kurzen Gegenanstieg bis ins Ziel.
Marlies: Die Strecke beinhaltet so ziemlich alle Facetten, die der Mountainbikesport zu bieten hat. Sie führt über Wald- und Schotterwege, bis hin zu wurzeligen Passagen und groben Geröllpfaden. Der Ausblick vom Salaaserkopf, über den man die Grenze zur Schweiz passiert, ist einfach unglaublich beindruckend und sucht seines Gleichen.
Markus: Genau, es ist von allem etwas dabei. Untergrund von Straße über Schotterwege bis zum gebauten Flowtrail. Bergauf ist es, wie die Strecke beschreibt, extrem. Die Herausforderung an den steilen Anstiegen liegt in der Länge und der dünnen Luft in der Höhe. Die Downhills sind von jedem gut zu meistern. Zur besonderen Vorsicht ist aber auf der schnellen Abfahrt nach Samnaun zu raten. Die schnellen Schotterkurven haben es in sich.
Auf einer Skala von 1 (Einfach) bis 10 (Extrem Schwer), wie würdet ihr die Strecke einstufen?
Marlies: Der Name ist Programm. Jede/-r der/die sich für die Extremdistanz entscheidet, wird von der Herausforderung sicher nicht enttäuscht werden. Klare 10.
Hansueli: 8
Markus: 8
Was macht den Ischgl Ironbike aus eurer Sicht speziell? Warum sollte ich ihn heuer fahren, wenn ich noch nie dabei war?
Hansueli: Das ganze Event ist eine Reise nach Ischgl wert. Man wird mit einem grandiosen Panorama, coolen Trails und einem perfekt organisierten Event belohnt. Und es ist ein unbeschreibliches Gefühl, es geschafft zu haben, obwohl man erschöpft ist.
Marlies: Allein die atemberaubende Umgebung mitten im Silvretta Massiv ist einen Start schon wert.
Markus: Da kann ich mich nur anschließen. Aber nicht nur die Strecke macht es besonders, auch der Start und Zielort Ischgl macht das Rennen einmalig. Ich war noch nie in einem Hotel oder einer Unterkunft, wo ich sagen kann, dass ich unzufrieden war. Man wird immer herzlich willkommen geheißen und freundlich umsorgt.
Was ist euer persönliches Highlight entlang der Strecke?
Hansueli: Dies ist für mich klar die letzte lange Abfahrt auf den schönen Trails in Richtung Ziel.
Markus: Ich würde sagen, der Anstieg von Samnaun zurück hoch zum Idjoch. Wenn man ein gutes Bein hat, kann hier noch viel passieren.
Marlies: Sobald man den Salaaserkopf auf über 2700m erreicht hat und den Blick in die Schweiz wagt, weiß man, warum man sich dort hinauf gequält hat, dieser Ausblick ist definitiv mein Highlight.
Würdet ihr sagen, dass der Ironbike v.a. auch eine mentale Challenge ist?
Marlies: Auf alle Fälle. Gerade in den extrem steilen bergauf Rampen zählen oftmals nicht nur die reinen Watt pro Kilogramm Körpergewicht, sondern ein gewisses, mentales Durchhaltevermögen. Man denkt ständig, es geht einfach so langsam voran und man macht einfach keinen Meter vorwärts. Überhaupt wenn man sieht, wohin man muss, erscheinen einem diese Anstiege endlos lang.
Hansueli: Genau, die langen und steilen Anstiege sind mental sehr hart und bei schlechtem Wetter ist die mentale Belastung umso höher. Also man sollte auch mental frisch sein, wenn man am Start steht.
Markus: Ich kann mich da nur anschließen. Meistens gibt es nach dem langen Anstieg hoch zur Idalpe Mittelstation keine Gruppe mehr und jeder kämpft für sich alleine. Hier muss man mental den Fokus behalten, um weiter dran zu bleiben.
Inwieweit merkt ihr die Höhe während des Rennens? Bereitet ihr euch speziell darauf vor?
Markus: Die Höhe merkt man sehr stark. Ischgl liegt ja schon auf 1400 Metern. Ab 1800 macht es sich an der Leistung bemerkbar. Wenn es dann auf über 2500 geht, purzeln die Wattzahlen schon enorm. Ich bereite mich im Höhenzelt auf Belastungen dieser Art vor.
Hansueli: Ich gehe meistens im Juli für drei Wochen ins Höhentrainingslager um mich auf die zweite Saisonhälfte vorzubereiten. Dies kommt mir am Rennen in Ischgl dann zugute, so dass ich keine Schwierigkeiten mit der Höhe habe.
Marlies: Da der Start in Ischgl auf knapp 1400m stattfindet und es von dort aus nur bergauf geht, merkt man die Höhe schon etwas. Jedoch gewöhnt man sich sehr schnell daran, wenn man die Tage davor schon dort ist und sich die Strecke ansieht.
Was würdet ihr einem Hobbyfahrer für die letzten Wochen vor dem Rennen an spezifischem Training empfehlen?
Hansueli: Ich würde ihnen empfehlen einige Berge im Vorfeld zu fahren und in der Woche vor dem Rennen nicht mehr zu übertreiben. So steht man erholt und frisch im Kopf am Start und kann das Rennen perfekt angehen.
Markus: Genau, viele Berge zu fahren macht sicher Sinn. Wenn möglich auch in der Höhe. Wer hier die hohen Berge vor der Haustüre hat, ist im Vorteil.
Mit welcher Taktik sollen Hobbyathleten/Athletinnen in den Bewerb starten? Bzw. welche Tipps habt ihr für Hobbysportler parat, dass sie den Ironbike finishen können?
Marlies: Für Hobbyathleten/Athletinnen steht natürlich das Finishen im Vordergrund. Daher ist es wichtig nicht zu schnell weg zu starten und übermütig in die erste Steigung reinzufahren. Die regelmäßige Verpflegung darf nicht vergessen werden, daher sollte man die Labe-Stationen stets nutzen und seine Speicher auffüllen, um nicht nur für die Uphill fit zu sein, sondern um auch noch im Downhill Spaß zu haben.
Hansueli: Genau, es ist wichtig, dass man sich die Kräfte sehr gut einteilt, nicht zu schnell startet und immer genügend Energie zu sich nimmt. Bei schlechtem Wetter sollte man zudem immer schauen, dass man es warm hat und genügend anzieht – abziehen kann man immer.
Markus: Außerdem, ganz wichtig – man kann es nicht genug oft sagen – sich nicht vom Tempo der anderen verleiten zu lassen und auf das eigene Körpergefühl zu hören! Und wie mein Trainer immer sagt: essen, essen, essen!
Auch abseits des Ironbikes liefert Ischgl vielfältige Möglichkeiten für begeisterte Mountainbiker und MountainbikerInnen. Was ist deine persönliche Lieblingsrunde?
Marlies: Speziell vor dem Rennen fahre ich gerne den ausgeschilderten Radweg über Galtür zur Bielerhöhe, zum Silvretta Stausee, hinauf. Auch hier ist der Ausblick wieder genial und man genießt die Zeit mitten in dieser atemberaubenden Bergwelt. Diese Ausfahrt bietet sich auch mit dem E-Bike bestens an.
Hansueli: Ich muss leider gestehen, ich war bis jetzt immer nur für das Rennen in Ischgl vor Ort. Ich bin aber überzeugt, dass es rund um Ischgl wunderbare Touren gibt, ob für Rennradfahrer, E-Biker oder Mountainbiker.
Markus, du bist Europameister in der Master-Kategorie. Was möchtest du jungen Fahrern/Fahrerinnen ganz allgemein auf den Weg geben?
Markus: Vieles entspannter zu sehen. Ich meine damit, eine Zeit lang habe ich selber alles optimiert was geht (Ernährung, Erholung, Training…) aber die Erfolge blieben aus. Jetzt mit Kind geht das nicht mehr, aber die Leistungen sind nach wie vor vorhanden da ich alles nicht mehr so extrem wichtig nehme und den Sport mit mehr Spaß betreibe.
Über das Ischgl Simplon Radteam: Aus Texpa Simplon wird Ischgl Simplon. Das renommierte Radteam geht ab sofort mit neuem Namen an den Start. Die Namensänderung markiert den Beginn einer vielversprechenden Partnerschaft mit der Tourismusregion Paznaun – Ischgl, die das Team in der kommenden Saison unterstützen wird. Das zehnköpfige Team, angeführt von den Spitzenathleten Markus Kaufmann (D), amtierender Europameister und Deutscher Meister in der Master Marathon-Distanz und Hansueli Stauffer (CH), Ischgl Ironbike Gewinner, strotzt vor Talent und geht diese Saison auch mit zwei Damen an den Start. Ebenso als Teamfahrer vertreten Philip Handl (A), Marlies Feichtenhofer (A), Michael Wohlgemuth (I), Marek Sülzle (D), Uwe Hardter (D), Lomas Welfing (D) und neu Pia Vogt (D) und Peat Weinberg (D) das Ischgl Simplon Team bei kommenden Wettbewerben.
Zukunftsvisionen: Das Team Ischgl Simplon startet mit starkem Teamgeist sowie einer klaren Vision in die kommende Renn-Saison und zeigt sich optimistisch gegenüber Erfolgen bei nationalen und internationalen Mountainbike-Herausforderungen. Philip Handl, Ischgl Simplon Teamfahrer aus Tirol unterstreicht die Bedeutung der neuen Partnerschaft: „Eine renommierte Tourismusregion wie Ischgl als Partner zu haben, ist sehr wertvoll für uns und es ist uns eine Ehre, diesen Namen bei allen kommenden Rennen vertreten zu dürfen. Mit dem legendären Ischgl Ironbike ist hier auch einer der ältesten und härtesten Mountainbike-Marathons im Alpenraum beheimatet. Wer den Ischgl Ironbike beendet, der berüchtigt für seine steilen Anstiege ist, darf sich zu den Hartgesottenen zählen.“