fbpx
**Der verbotene Wald: Graubereich Forststraße

**Der verbotene Wald: Graubereich Forststraße

0

**Der verbotene Wald: Graubereich Forststraße

5
0

**PREMIUM CONTENT// Forstraßen sind aus dem Alltag von Mountainbikern kaum wegzudenken. Und doch ist es in den seltensten Fällen erlaubt, auf ihnen zu fahren. Warum das so ist und wie Biker und Waldeigentümer trotzdem auf einen grünen Zweig kommen können – wir haben uns umgehört.

Ein Tag im August. Die Sonne steigt langsam den Bergkamm empor. Ein einsamer Biker tut es ihr gleich. Auf einer schmalen Straße arbeitet er sich den Hang entlang, vorbei an den letzten Bauernhöfen und Heustadeln, bevor der Weg dort hinführt, wo niemand mehr wohnt: In den Wald. Plötzlich, ein ungeahntes Hindernis. Kein Fels. Kein Bach. Kein Bär. Nur ein Schild. Rund. Ein weißer Kreis umrahmt von einem Roten. “Forststraße. Gilt auch für Radfahrer” steht da.

Was nun? Das jähe Ende einer Tour, die die schönste des Sommers hätte werden können? Oder einfach weiter, auf die Gefahr hin, den Trip mit einer saftigen Strafe zu bezahlen?
Der Biker entscheidet sich fürs Weiterfahren. Heute wird ihm niemand im Wald begegnen. Keiner ihn zur Rede stellen. Und doch hätte die Geschichte anders ausgehen können. Denn sein Ausflug verstößt gegen das Gesetz. Dafür hätte es das Fahrverbotsschild nicht einmal gebraucht.

Wenig Raum, viele Interessen

Und daran wird sich auch so schnell nichts ändern, wenn es nach den Waldeigentümern geht. Wer mit ihnen spricht, erfährt dennoch Verständnis für die Anliegen der Biker: “Das Interesse am Wald insgesamt ist größer geworden. Wir als Grundeigentümer haben Verantwortung für die Waldflächen und müssen schauen, dass wir die vielen Interessen in Einklang bringen”, betont Bernhard Budil, Generalsekretär der Interessenvertretung Land- und Forstbetriebe Österreich, im Gespräch mit Rad.Sport.Szene. Konkret bedeutet das: “In einem Waldgebiet muss ich als Waldbesitzer entscheiden, wie ich den jeweiligen Bedarf verschiedener Interessengruppen unterbringen kann.” Hier geht es nicht nur ums Radfahren. Wanderer wollen Wege für sich. Reiter auch. Andere Waldteile liegen vielleicht in einem Naturschutzgebiet oder werden stark forstlich genutzt.

Allen alles zu erlauben würde sehr bald zu Konflikten führen, meinen also die einen. Andere, wie etwa der Alpenverein – eine der lautesten Stimmen, wenn es um liberalere Regeln für Biker geht – wollen hingegen, dass Mountainbiker dieselben Rechte genießen wie andere auch, die im Wald Erholung suchen. Denn diese ist im Forstgesetz explizit als ein Ziel forstlicher Raumplanung ausgewiesen: Ein Spaziergänger könne sich im Wald schließlich auch frei bewegen.

“Wo sind Hotspots?”

Während der Alpenverein also eine generelle Öffnung der Forststraßen einfordert, gehen die Waldeigentümer einen anderen Weg: “Wir plädieren dafür, zu fragen: wo sind Hotspots, wo gibt es wirklichen Bedarf?”, sagt Generalsekretär Budil. Dann müsse beurteilt werden, ob dieser Bedarf nur vorübergehend sei – weil etwa wegen Corona mehr Urlauber in Österreich bleiben – oder ob er grundsätzlicher Natur ist: Etwa weil das betreffende Waldstück in der Nähe einer Stadt oder eines Tourismuszentrums liegt. “Genau dort muss man schauen, dass man Lösungen erarbeitet.”

Wer haftet?

Ein Argument, das in der Debatte früher oder später immer wieder auf den Tisch kommt, ist die Frage der Haftung. Was, wenn ein Biker auf einer Forststraße stürzt und sich verletzt? “Eine Forststraße ist letzten Endes eine Wirtschaftsstraße. Viele dieser Straßen sind möglicherweise gar nicht geeignet für den Radverkehr oder zu gefährlich, weil dort eben Wirtschaftsverkehr herrscht. Letztlich hat der Grundeigentümer die Verantwortung. Fragen der Haftung können zu einem Teil übertragen werden, aber nicht vollständig”, so Budil. Auch der Alpenverein ist sich des Problems bewusst, meint aber, mit einer Gesetzesänderung könne man hier viel erreichen: Waldeigentümer und Forststraßenhalter würden dann nur für “Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit” haften, die Beweislast läge beim Mountainbiker.

Im Gespräch mit Touren-Portalen

Lösungen vor Ort, wie sie die Waldeigentümer vorschlagen, haben einen großen Haken. Sie machen die Routenplanung äußerst kompliziert, wenn man sich erst mal zurechtfinden muss, welche Straße nun befahren werden darf und welche nicht. Das gibt auch Budil zu: “Wir sind im Gespräch mit Online-Portalen zur Tourenplanung, um hier gemeinsame Lösungen zu schaffen. Eine Möglichkeit wäre zu sagen: Nur ausgewiesene Routen gehören in ein Routennetz hinein. Dann ist auch für jeden die Planungssicherheit gegeben – sowohl für Waldbesitzer als auch für Mountainbiker.” Um welche Plattformen es hier geht und wann mit einem Ergebnis gerechnet werden kann will Budil aber noch nicht verraten.

“Manchmal laufen die Gemüter heiß”

Und was, wenn es hart auf hart kommt? Wenn also Waldbesitzer und Biker im Wald aufeinander krachen, weil der eine fährt, wo ihn der andere nicht haben will? “Ich war sehr lange Waldbewirtschafter und bin sehr oft in die Situation gekommen, Mountainbiker dort zu treffen, wo sie eigentlich nicht fahren dürfen”, erzählt Budil. Das erste Gebot ist dann der Dialog. Das kann freilich nur funktionieren, wenn beide Gruppen dazu bereit sind.” Viele Radfahrer versuchten, sich der misslichen Lage zu entziehen, indem sie einfach so schnell wie möglich davon führen: “Meist spricht man sich aber aus und es herrscht durchaus Einsicht bei den Radfahrern. Jeder geht dann seiner Wege und das Ding ist gegessen. Manchmal verläuft es aber auch anders und die Gemüter laufen heiß. Das sind dann die Vorfälle, über die man in den Medien liest und die nicht dazu beitragen, dass bessere Lösungen gefunden werden.”

Die rote Linie

Bei aller Offenheit für das Gespräch zieht der Interessensvertreter der Forstbetriebe aber auch klare Grenzen. “Wir orten, dass Forststraßen vor allem als Aufstiegshilfe benutzt werden und die Abfahrt für einen Großteil der Mountainbiker anderswo interessanter ist”. Im Klartext heißt das: Querfeldein. Mitten durch den Wald. Auch abseits ausgeschilderter Trails. Dass das insbesondere im Sinne des Umweltschutzes höchst fragwürdig ist sieht auch der Alpenverein so: “Wildschutz- und Ruhezonen sind von allen Naturnutzern zu respektieren. Der Alpenverein distanziert sich daher klar vom Querfeldeinfahren sowie von jeglichem rücksichtslosen Verhalten im Wald”, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. Auch wenn das viele Offroad-Liebhaber schmerzen mag: Eine völlige Öffnung des Waldes steht nicht zur Diskussion. Und auch auf den Forststraßen wird es wohl so schnell nichts werden mit der unbegrenzten Freiheit.

Text: Michael Windisch
Titelbild: Adobe Stock

(Visited 5 times, 1 visits today)
[cactus-ads id="5067"]