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** Kollmann-Forstner im Interview

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**PREMIUM CONTENT // Wenn Sport zur Nebensache wird. Christina Kollmann-Forstner zählt zu Österreichs top Frauen in der MTB Marathon Szene. Sie wurde bereits zwei Mal Österreichische Meisterin, holte sich im vergangenen Jahr sogar den Europameistertitel. Nur zwei Tage später kam der schlimmste Tag ihres Lebens – durch einen schrecklichen Unfall am Berg musste sie von ihrem Bruder und ihren Opa Abschied nehmen. Mit uns spricht sie über ihren Weg vom puren Glück in unendliche Traurigkeit und ihre ganz persönliche Art, zurück in den Spitzensport zu finden. Außerdem erzählt sie uns über ihre weiteren Lebensziele und warum sie in vier Jahren sicher keine mehr MTB-Rennen mehr fahren wird. 

 

Wer ist eigentlich Christina? 

Hm, ich würde sagen ein ziemlich normales Mädl, das Sport, Bewegung und die Berge liebt, schon im Kindesalter große Träume hatte (damals allerdings von einer Skikarriere) und schon früh gelernt hat was es heißt für seinen Traum zu kämpfen. Und glücklicherweise trotz vieler Steine im Weg nicht aufgegeben hat.

 

Warum ausgerechnet Mountainbike und kein Ballett? 

Dieser typische Mädchenkram hat mich eigentlich nicht sonderlich interessiert. Ich brauchte schon den gewissen Kick. Und man mag es kaum glauben, aber als ich 12 war habe ich die Farbe Rosa gehasst. Somit wäre Ballett mit dem rosa Tütü sicher nicht meine Welt geworden.

 

Wie trainierst du am liebsten: in der Gruppe oder für dich allein? 

Wo ich wohne gibt es nicht wirklich weibliche Radsportlerinnen von daher trainiere ich ziemlich viel alleine oder mein Mann begleitet mich. Aber ich mag es gerne, alleine zu trainieren so kann ich meinen Gedanken nachhängen.

 

“Ich versuche es locker zu sehen und mach mir keinen Stress.”

 

Du hattest zu Beginn der Saison einige gesundheitliche Probleme. Musstest die Teilnahme am Cape Epic und auch weitere Rennen absagen. Wie geht es dir heute?

Ja, das Cape Epic war mein großes Ziel diesen Winter und ich habe mich sehr gut vorbereitet. Dieser eitrige Zahn hat dann all die Arbeit zunichte gemacht und mich ziemlich lange außer Gefecht gesetzt. Ich musste den kompletten Saisonstart umplanen und konnte einige Wochen nicht trainieren. Mit ziemlich viel Disziplin und hartem Training gelang es mir jedoch mich für die EM in Form zu bringen und eine Woche davor das Rennen in Garda zu gewinnen. Ich war bereit um meinen Vorjahrestitel zu kämpfen. Leider ging dann alles daneben weil mein Körper einfach nicht mitspielte. Erneute gesundheitliche Probleme zwangen mich dann wieder zu 2 Wochen Zwangspause. Jetzt geht es mir jedoch gut. Klar, mir fehlt viel Training heuer, und es ist keinesfalls optimal, aber ich versuche es locker zu sehen und mach mir keinen Stress.

 

Wie fühlt es sich an, wenn man bereits in Südafrika ist. Alles fürs Cape Epic bereit steht und man letzten Endes nicht starten kann?

Das fühlt sich einfach nur richtig scheisse an. Man opfert so viel den ganzen Winter. So viele endlose Stunden auf der Rolle und dann alles umsonst. Ich war bitter enttäuscht, natürlich auch wegen meiner Partnerin Ariane. Sie war in Topform und ich wollte mit ihr um den Sieg kämpfen. Wir harmonierten so gut im Training und sind auch menschlich auf einer Wellenlänge. Das war vom Kopf her echt nicht leicht für mich und ich hab da einige Zeit gebraucht, das wegzustecken.

 

Was sind deine weiteren Ziele für 2018?

Nachdem ich jetzt zwei Mal hintereinander bei der ÖM raus musste (aufgrund von Defekt oder Hornissenattacken) sage ich mal ganz klar, dieses Trikot ist schon ein Ziel 2018. Da ich mein schönes EM Trikot ja abgeben musste, würde ich gern wieder die rot weiß roten Streifen tragen. Ja und dann natürlich die WM Mitte September. Das Testrennen letztes Jahr konnte ich gewinnen und die Strecke mag ich.

 

Das heißt, du wirst bei der ÖM in Kirchberg am Start stehen, um das Trikot fighten?

Aber klar doch. (*grinst)

 

Im vergangenen Jahr wurdest du Europameisterin. Wie wichtig ist einem da noch das Nationaltrikot?

Es ist mir schon wichtig. Es ist einfach schön, seine eigenen Landesfarben vertreten zu können. Das Nationaltrikot hab ich schon zwei Mal Zuhause hängen. Mittlerweile eben auch ein Europameistertrikot welches natürlich das Highlight meiner bisherigen Karriere ist. Jedes dieser Trikots hat seine eigene Geschichte und jeder Sieg war für sich schön.

 

Welche Rückschläge haben dich in deiner Karriere am stärksten geprägt?

Oh je wo fang ich da nur an! Ich hatte viele Stürze und Verletzungen wobei ich sage, alle Wunden heilen, zumindest jene am Körper und das ist nichts worüber ich mir Gedanken mache. Es sind mehr die anderen Sachen, die dich prägen. Nach meinem Wechsel von der Straße zurück aufs Bike lief vieles nicht nach Plan. Es ist sehr schwer ein gutes Umfeld zu schaffen. Vor allem jenes, welches du nicht selbst beeinflussen kannst. Die Ergebnisse sehen nach außen hin oft schön aus, doch keiner weiß welche Geschichten wirklich dahinterstecken. Ich traue mich zu sagen, dass 9 von 10 Leute in meinen Situationen wahrscheinlich schon 5x aufgegeben hätten und einfach auf den ganzen Leistungssport gepfiffen hätten. Leicht hatte ich es eigentlich noch nie und bis auf meinen Mann und meine Familie hatte ich immer sehr viele Zweifler im Rücken. Sowas prägt dich, aber macht dich auch stärker.
Wie hast du dich wieder aufgerappelt? 

Zum ersten: Ich liebe meinen Sport einfach und genieße es jeden Tag, dass zu tun was ich gerne tue. Oh und ich bin Experte im „wieder aufrappeln“ Nein, echt, ohne Scherz, man entwickelt mit der Zeit auch darin eine Art Routine. Ich war ja heuer im Winter fast schon überrascht, dass alles so problemlos abgelaufen ist bis ich nach Südafrika aufgebrochen bin. War schon fast unheimlich dass einige Monate mal nichts „passiert“ ist. Ich denke, das gute ist, dass ich im Grunde ein positiver Mensch bin und egal was kommt, ich immer versuche was halbwegs Gutes daraus mitzunehmen.

 

Der Verlust von meinem Bruder und Opa, 2 Tage nach meinem Sieg bei der Europameisterschaft hat mein Leben total verändert.

 

2017 war für dich privat eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Wie konntest du dich aus dem Tief hochrappeln, weiter trainieren?

Quasi vom Himmel in die Hölle. Der Verlust von meinem Bruder und Opa 2 Tage nach meinem Sieg bei der Europameisterschaft hat mein Leben total verändert. Nichts ist mehr so wie es vorher war. Vom puren Glück direkt in den unfassbaren Schmerz. Man kann diese Gefühle kaum beschreiben. Schmerz, Leere, unendliche Traurigkeit. Die Frage nach dem Warum verschwindet nicht mehr aus deinem Kopf. Der Sport wird in diesem Moment zur Nebensache. Man entwickelt ein etwas anderes Verständnis was „ein erfülltes Leben“ wirklich heißt.  Erst mal wollte ich gar nicht trainieren, doch dann half es mir auf andere Gedanken zu kommen. Meine Familie ist etwas sehr besonderes, wir sind alle sehr verbunden und haben uns gegenseitig gestärkt.

 

Hat dir der Sport sogar dabei geholfen, den tragischen Schicksalsschlag zu überwinden?

Klar, die Leidenschaft für den Sport hat mich auch aus dem Tief gezogen. Ich bin relativ schnell wieder ins Renngeschehen zurückgekehrt. Die Rennen danach waren „anders“. Ich habe die 2 bei mir gehabt, sie haben mich quasi begleitet und mir Kraft gegeben. Diese Gedanken haben mir geholfen, dass ich mich überhaupt an die Startlinie stellen konnte. Sie hätten nicht gewollt, dass ich einfach aufgebe. Die beiden waren so stolz auf mich. Ich wollte für sie stark sein. Auch wenn ich oft vorm Start noch geheult habe oder am liebsten einfach ins Bett zurück gekrochen wäre, der Gedanke dass sie stolz auf mich sind, hat mich dann doch angetrieben.

 

Einige Zeit später hast du deinen langjährigen Freund Andi geheiratet. Der schönste Tag in deinem Leben?

Ja, definitiv!! Das war der schönste Tag meines Lebens. Wir sind seit 2005 ein Paar, er ist mein Seelenverwandter, der Mensch mit dem ich alles teilen will. Er lebt meinen Sport mit mir. Jeden Tag, jeden Moment. Er ist die wichtigste Person in meinem Leben und ohne ihn wäre ich sportlich gesehen nie da wo ich jetzt bin. Auch wenn niemand anderer mehr an mich geglaubt hat, er hat es immer. Und dafür bin ich ihm immer dankbar.

Hast du ein Vorbild in deinem Leben? 

Nein, eigentlich nicht mehr. In früheren Jahren hatte ich schon Idole zu denen ich aufgesehen habe aber mittlerweile wünsche mir nur, dass ich wenn ich mal alt bin zufrieden sein kann so wie ich gelebt habe.

 

“In 4 Jahren werde ich diesen Sport nicht mehr als Wettkampf betreiben.”

 

Wo siehst du dich in vier Jahren? 

In 4 Jahren werde ich diesen Sport nicht mehr als Wettkampf betreiben. Ich habe meine Ziele klar im Kopf und die möchte ich bis dahin erreichen. In 4 Jahren bin ich 34, da werde ich dann mit einem Sohn oder meiner Tochter Sport nur noch als „Freizeitbeschäftigung“ ausüben und das Leben ohne tägliches Training genießen

 

Wie wichtig ist es dir, einen Ausgleich zum sportlichen Wettkampf zu finden? 

Das ist mir sehr wichtig. Ich liebe es zu kochen oder einfach nur ein gutes Buch zu lesen. Yoga mache ich auch sehr gerne, das entspannt mich.

 

Deine größte Schwäche?

Ich lasse mich oft zu sehr von meinen Gefühlen leiten. Manchmal wohl etwas zu viel.

 

Deine größte Stärke?

Mein Wille.

 

Wie wichtig ist für dich die mentale Komponente im Sport?

Ich halte es für wichtig, auch wenn ich selber kein „Mentaltraining“ mache. Ich versuche ausgeglichen zu sein, positiv zu sein, dann läuft das von selbst. Man kann sich selber schon arg im Weg stehen, wenn man die Gedanken in die falsche Richtung laufen lässt.

 

Muss man riskieren, um Rennen zu gewinnen?

In den letzten 2 Jahren hat sich das Niveau bei uns Frauen im Marathon enorm entwickelt. Du gewinnst ein Rennen nicht mehr indem du einfach nur „gut“ fährst. Es muss alles passen und ja, klar, man muss auch ein gewisses Maß an Risiko eingehen um am Ende ganz oben zu stehen.

 

Dein größtes sportliches Ziel?

Ein Trikot fehlt mir noch in meiner Sammlung.

 

Was war dein bisher größtes MTB-Abenteuer?

Meine erste Teilnahme am Cape Epic. Das war 2015 und ich war quasi eine Last-Minute Wahl und bestritt das Rennen in der Mixed Kategorie. Das war echt megahart, aber eine wunderschöne Erfahrung.

 

“Wir werden oft belächelt und oft auch nicht gut behandelt.”

 

Braucht man als Champion eine gewisse Rücksichtslosigkeit?

Ja, ich bin der Meinung die braucht man. Speziell als Frau in der Marathonszene geht es nicht ohne. Wir werden oft belächelt und oft auch nicht gut behandelt. Aber wir leisten das Gleiche wie unsere männlichen Kollegen, oft unter viel schwierigeren Bedingungen, da es bei uns so gut wie keine Vollprofis gibt. Wir verdienen uns die gleiche Anerkennung wie unsere männlichen Kollegen und der Frauenradsport sollte ruhig mal mehr gewürdigt werden.

 

Was kann man von dir für das Alltagsleben lernen?

Es gibt immer eine Lösung. Egal welche Steine dir das Leben in den Weg legt, aufgeben ist keine Option. Ich versuche sie als Prüfungen zu sehen und es liegt an mir ob ich daran zerbreche oder stärker werde. Man soll nie aufhören für seinen Traum zu kämpfen!

 

Wer hat, außer dir, Einfluss auf deinen sportlichen Erfolg?

Positiven Einfluss hat definitv mein Mann und mein eigenes, kleines Umfeld, das ich mir geschaffen habe.

 

/ENDE**

Christina (links) konnte auch bei einigen UCI Rennen, wie hier beim HERO Südtirol Dolomites, Siege & Podiumsplatzierungen einfahren.

 

 

Fotocredits: Sportograf, Igor Schifris, HERO Südtirol Dolomites 

 

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